Die Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks bestimmen dessen Wert. Die Nutzung wiederum wird durch die Raumplanung von Bund, Kantonen und Gemeinden festgelegt. Durch planerische Massnahmen kann ein Grundstück stark an Wert gewinnen, man denke an Einzonungen, oder, im Falle von Auszonungen, verlieren. Das Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG) verpflichtet die Kantone, einen Ausgleich für erhebliche Vor- und Nachteile der Raumplanung vorzusehen.
Die Kantone haben als Minimalvorgabe des Bundes planungsbedingte Vorteile bei Einzonungen mit einem Satz von mindestens 20% zu belasten. Hier geht es insbesondere um Boden, der neu und dauerhaft einer Bauzone zugewiesen wird. Weiter schreibt der Bund den Kantonen vor, dass der Ausgleich bei der Überbauung des Grundstücks oder dessen Veräusserung fällig wird. Auch in der Verwendung der vereinnahmten Abgaben sind die Kantone nicht frei. Die Gelder sind für Entschädigungen im Falle von Rückzonungen einzusetzen oder für raumplanerische Massnahmen wie die Gestaltung von öffentlichen Plätzen oder Bodenverbesserungen.
Umsetzung im Kanton Zürich
Im Kanton Zürich trat das Mehrwertausgleichsgesetz (MAG) und die Mehrwertausgleichsverordnung (MAV) am 1. Januar 2021 in Kraft. Damit hat der Kanton nicht nur die bundesrechtlichen Minimalvorgaben erfüllt, sondern eines der umfassendsten und komplexesten Regelwerke zum Mehrwertausgleich geschaffen.
Im Kanton Zürich ist strikt zwischen dem kantonalen Mehrwertausgleich, der bei Einzonungen erhoben wird, und dem kommunalen Mehrwertausgleich im Falle von Um- oder Aufzonungen zu unterscheiden. Es sind nicht nur unterschiedliche Behörden für die Festsetzung und Vollzug zuständig, auch die Abgabesätze variieren erheblich.
Kantonaler Mehrwertausgleich – Einzonungen
Der Kanton Zürich erhebt eine Mehrwertabgabe auf Planungsvorteile, die durch Einzonung entstehen. Zuständig für den Vollzug des kantonalen Mehrwertausgleichs ist die Baudirektion des Kantons Zürich.
Wie hoch ist die Abgabe?
Der durch die planerische Massnahme bewirkte Mehrwert entspricht der Differenz zwischen den Verkehrswerten eines Grundstücks ohne und mit Planungsmassname. Die Mehrwertabgabe beträgt beim kantonalen Mehrwertausgleich 20% des Mehrwertes. Soweit der Mehrwert CHF 30 000 übersteigt, setzt die Baudirektion die Höhe der Mehrwertabgabe und die abgabepflichtige Person in einer Verfügung fest, sobald die Planungsmassnahme in Kraft tritt (Änderung der Bau- und Zonenordnung, BZO). Weiter ordnet sie an, dass die Mehrwertabgabe im Grundbuch angemerkt wird, wenn die Verfügung rechtskräftig wird.
Wer muss zahlen?
Abgabepflichtig ist der Grundeigentümer im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Planungsmassnahme. Soweit dieser mit der Verfügung nicht einverstanden ist, kann er diese beim Baurekursgericht des Kantons Zürich überprüfen lassen.
Wann muss ich zahlen?
Die Mehrwertabgabe wird erst fällig, wenn bei einer Überbauung die Baufreigabe erteilt oder aber die nachträgliche Baubewilligung rechtskräftig wird. Fällig wird die Mehrwertabgabe auch, wenn der Grundeigentümer das Grundstück veräussert. Bei einer Veräusserung ist das Verfügungsgeschäft massgebend. Das heisst, der Übergang des Eigentums im Grundbuch und nicht das Verpflichtungsgeschäft (öffentliche Beurkundung).
Keine Veräusserung stellen nach Zürcher Auffassung Eigentumswechsel durch Erbgang, Erbteilung, die Ausrichtung von Vermächtnissen, Erbvorbezüge oder Übertragungen im Rahmen von güterrechtlichen Auseinandersetzungen und Schenkungen dar. Ob diese Ausnahmen auch vom Bundesgericht geschützt werden, wird sich weisen, denn andere Kantone haben die Ausnahmen restriktiver ausgelegt als der Kanton Zürich.
Die Baudirektion des Kantons Zürich setzt nach Eintritt der Fälligkeit in einer weiteren Verfügung fest, per wann die abgabepflichtige Person die Mehrwertabgabe schuldet, und berechnet allfällige Ausgleichszinsen, denn die Mehrwertabgabe muss ab Fälligkeit verzinst werden. Auch bei dieser Verfügung kann der Rechtsweg beschritten werden. Ist der rechtskräftig festgesetzte Betrag in den Mehrwertausgleichsfonds einbezahlt worden, wird auch die Anmerkung im Grundbuch gelöscht.
Eine Aufzonung liegt vor, wenn die Nutzungsmöglichkeiten einer Bauzone verbessert werden. Von einer Umzonung wird gesprochen, wenn ein Grundstück von einer Bauzone einer anderen Bauzone zugewiesen wird.
Samuel Ramp
Kommunaler Mehrwertausgleich – Um- und Aufzonungen
Den Gemeinden im Kanton Zürich steht es frei, im Falle von Um- oder Aufzonungen einen kommunalen Mehrwertausgleich in der BZO einzuführen. Eine Aufzonung liegt vor, wenn die Nutzungsmöglichkeiten einer Bauzone verbessert werden. Von einer Umzonung wird gesprochen, wenn ein Grundstück von einer Bauzone einer anderen Bauzone zugewiesen wird.
Wenn eine Gemeinde sich für den kommunalen Mehrwertausgleich entscheidet, kann sie die Höhe des Abgabesatzes zwischen 0 und 40% und die Grösse der Freifläche bestimmen, für die keine Mehrwertabgabe geschuldet ist. Dies soweit der Mehrwert den Betrag von CHF 250 000 nicht übersteigt. Übersteigt der Mehrwert diesen Betrag, ist er unabhängig von der Grundstückgrösse geschuldet. Der Spielraum der Gemeinden bei der Freifläche reicht von 1200 bis 2000 Quadratmeter.
Wenn eine Gemeinde den kommunalen Mehrwertausgleich einführt, besteht die Möglichkeit, anstelle der Mehrwertabgabe städtebauliche Verträge abzuschliessen. Kommt keine Einigung zustande, wird die Mehrwertabgabe erhoben. Solche Verträge können allerdings erst nach dem Inkrafttreten der angepassten Bau- und Zonenordnung abgeschlossen werden. Soweit Gestaltungspläne gegenüber der Regelbauweise der BZO zu einer höheren Nutzungsmöglichkeit führen, qualifizieren sie sich normalerweise als Aufzonungen, welche die kommunale Mehrwertabgabe auslösen können.
Von den 162 Gemeinden im Kanton Zürich haben sich bisher vier gegen einen kommunalen Mehrwertausgleich entschieden. Rund ein Viertel der Gemeinden hat beim Kanton die Unterlagen für die Vorprüfung der BZO-Änderungen zur Einführung des kommunalen Mehrwertausgleichs eingereicht (Stand 29. Juli 2021), darunter auch die Städte Zürich, Winterthur und Uster.
Mehrwertermittlung
In dieser Phase wird der konkrete Mehrwert für jedes Grundstück ermittelt. Die zuständige Behörde prüft, ob die Berechnung mit dem Landpreismodell erfolgen kann oder ob besondere Gründe vorliegen, die eine individuelle Schätzung notwendig machen. Das Ergebnis wird den Betroffenen mitgeteilt. Die Betroffenen haben dann die Möglichkeit, innert zehn Tagen eine individuelle Schätzung zu verlangen. Sie müssen allerdings die Kosten selbst tragen. Wird eine individuelle Schätzung angeordnet oder verlangt, können die Betroffenen den Schätzer nicht bestimmen.
Bekanntgabe Mehrwert
Nach der Genehmigung der Planungsmassnahme gibt der Kanton den ermittelten Mehrwert gesamthaft – das heisst für alle betroffenen Grundstücke – bekannt. Zudem erhalten die Grundeigentümer und Baurechtsnehmer die Möglichkeit, zum individuellen Mehrwert innert 30 Tagen Stellung zu beziehen. Auch hier können Schätzer und Schätzerinnen die Betroffenen mit ihren Fachkenntnissen unterstützen.
Festsetzung Mehrwert
Schliesslich setzt die Behörde den Mehrwert nach allfälligen Bereinigungen individuell für jeden Betroffenen einzeln in einer Verfügung fest. Gegen diese Verfügung kann innert 30 Tagen Rekurs beim Baurekursgericht des Kantons Zürich erhoben werden. Auch in dieser Phase ist es von Vorteil, wenn Schätzerinnen und Schätzer mit ihrem Wissen den Betroffenen beistehen.
Wie hoch ist die Abgabe?
Auch beim kommunalen Mehrwertausgleich entspricht der Mehrwert der Differenz zwischen den Verkehrswerten eines Grundstücks ohne und mit Planungsmassname. Allerdings ist bei der Berechnung der kommunalen Mehrwertabgabe der Betrag von CHF 100 000 in Abzug zu bringen. Weiter können Kosten im Zusammenhang mit Planungsverfahren abgezogen werden, die massgeblich zur Verbesserung der Siedlungsqualität beitragen. Der so ermittelte Betrag ist anschliessend mit dem von der Gemeinde festgesetzten Abgabesatz zu multiplizieren.
Wer muss zahlen?
Abgabepflichtig ist der Grundeigentümer im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Planungsmassnahme.
Wann muss ich zahlen?
Die Abgabe wird erst mit der Baufreigabe fällig. Wird das Grundstück nicht überbaut oder sind die baulichen Änderungen nur geringfügig, muss die Mehrwertabgabe nicht bezahlt werden.
Der Anwalt und dipl. Steuerexperte Samuel Ramp ist Partner der Zürcher Kanzlei Fischer Ramp Buchmann AG. Ramp unterrichtet beim Institut für Schweizerisches und Internationales Steuerrecht (ISIS) und an den Fachhochschulen Zürich (zhaw) und St. Gallen (OST). Er ist Dozent am SIREA und am Schweizerischen Institut für Steuerlehre (SIST).
Wo braucht es die Bewerterin, den Bewerter?
Bevor eine Ein- oder Aufzonung festgesetzt wird, ermittelt die zuständige Stelle, basierend auf einem hedonischen Landpreismodell, mit den verfügbaren Informationen die sogenannte Mehrwertprognose. Die Baudirektion des Kantons Zürich hat dafür eigens die Onlineplattform eMWA geschaffen. Mit diesem Tool kann für jedes Grundstück im Kanton Zürich der Verkehrswert mit und ohne Planungsmassnahme berechnet werden. Die Mehrwertprognose wird im Planungsbericht gesamthaft für die betroffenen Grundstücke ausgewiesen und öffentlich aufgelegt. Zudem wird jeder Grundstückeigentümer beziehungsweise Baurechtsnehmer informiert. Dieser hat während 60 Tagen Zeit, sich zur Einzelprognose zu äussern. Der Beizug eines Schätzers oder einer Schätzerin in dieser Phase ist insbesondere dann sinnvoll, wenn das Grundstück Besonderheiten aufweist, zum Beispiel Denkmalschutz, privatrechtliche Baubeschränkungen oder Ausnützungsübertragungen. Diese sind zu berücksichtigen.
Informationen zum Mehrwertausgleich im Kanton Zürich können auch hier abgerufen werden: www.zh.ch/mehrwertausgleich.