Kein Kuschelbettli mit Plüschtierli, keine Bünzlifloskel der Name, nein, ein Bett des Prokrustes sollte es werden, ächzen sollte man darauf müssen, nicht süss träumen. Die Publikation, in der im Juni 2006 das erste Prüfsofa erschien, hiess damals noch SIVinfos, in der Aufmachung ein biederes ­Heftli, das war lange vor dem von Sibylle Jung verpassten Facelifting. Ein damaliges Vorstandsmitglied des SIV hatte vorsichtshalber eine «redaktionelle Einführung» zum ersten Prüfsofa verfasst mit dem tiefsinnigen Titel «Es ist nicht alles Gold, was glänzt», und sie warnte die Leserinnen und Leser bereits, dass man auf diesem Sofa nicht unbedingt bequem liege.

Wenn die Hedoniker auf dem Sofa …

So war es denn auch. Bereits das erste Prüfsofa mit dem Titel «Die Hedoniker! – Über Maggi-Beutel-Saucen und Hedonie-Apostel» hatte unter anderem zur Folge, dass der einfache Bewerter einen Anruf von einem Partner der Wüest-Partner erhielt und um ein Gespräch gebeten wurde. Bei diesem wurde versucht, das Bild der hedonischen Bewertung wieder zum Glänzen zu bringen oder vermeintliche Missverständnisse zu klären. Dabei hatte der einfache Bewerter die 1994 verfasste Dissertation von Scognamiglio du bureau CIFI zur Methode der hedonischen Bewertung von Immobilien schon längst gelesen, als WP noch W&P hiess und kaum aus den Windeln war. Er kannte die Möglichkeiten und Schwächen des Ansatzes.

Oder wenn es wie bei den ­Kutschern zugeht

Die Hedoniker schafften es nochmals aufs Prüfsofa. Im Sommer 2016 lagen erste Entscheide des Bundesgerichtes zu den sogenannten Pilotfällen zu fluglärmbedingten Minderwertentschädigungen von Grundstücken im Raum Kloten vor. Als Folge der über zehntausend diesbezüglichen Klagen kam für die nötigen Wertgutachten ein hedonisches Bewertungsmodell zum Einsatz, das aus drei von verschiedenen Firmen entwickelten Varianten ausgewählt wurde. Es kam quasi zu Miss-Wahlen bei den Hedonisten, und das war auch der Titel der damaligen Kolumne. Seither hat sich die hedonische Methode für Immobilienbewertungen, soweit erkennbar, nicht fundamental verändert respektive verbessert; sie hätte es wohl gar verdient, wieder mal aufs Sofa gelegt zu werden. Nicht nur, weil sie mit den Datensammlungen, auf denen sie basiert, systembedingt ständig der aktuellen Marktrealität hinterherhinkt und echt fehlende Daten mit etwas mathematischem Geschick aufpimpt. Eine Qualität ihrer Aktivitäten zeigte sich beispielsweise in gegenteiligen Aussagen ihrer Preisvergleiche Ende 2020. Während der SWX IAZI Privat Real Estate Index für Eigentumswohnungen gegenüber dem Vorquartal um 0,8% anstieg, gaben Fahrländer Partner für das gleiche Quartal einen Rückgang um 1,2% zum Besten (Werte 3. Quartal 2020). Also hüst und hott, wie bei den Kutschern.

Aus den vielen in der Schweiz verwendeten Bewertungsmethoden gab es immer wieder Aspekte, die das Vergnügen hatten, auf das Prüfsofa zu liegen. Etwa die siamesischen Zwillinge Entwertung und Rückstellung im Beitrag «Der Entwerter» (SIVinfos Mai 2010), die als eine Art Fata Morgana durch das Gedankengut von Anhängern dieser Theorie nach wie vor herumgeistern, obwohl sie mit der Realität von Immobilien oder dem tatsächlichen Verhalten von Immobilieneigentümern nichts zu tun haben. Um deren geistige Erzeuger ist es in letzter Zeit eher still geworden. Nur aus Altersgründen? Von Canonica, dem SIV-Urvater, gibt es zwar hin und wieder ein Lebenszeichen, wenn er sich über Fehlentscheide des Bundesgerichts auslässt in einem Fall, bei dem er wohl hinter den Kulissen Parteienberater gewesen sein könnte. Das hat ihn mit «Zeus im Bewerterolymp» (Zoom 2/2020) wieder einmal aufs Prüfsofa gebracht.

Die hedonische Methode hinkt systembedingt ständig der aktuellen Markrealität hinterher.

Der Vergleich mit den (Gratis-)Zeitungen

Nicht nur die Hedonisten, auch die Makler wurden wiederholt auf dem Prüfsofa behandelt und in Zoom 2/2020 sogar mit dem redaktionellen Beitrag «Makel – weshalb dem Makler ein Makel anhaftet» thematisiert. Sie mussten zuvor bereits zweimal auf dieser ungemütlichen Liege ächzen. Mit «Makler» (SIVinfos Februar 2009) und «König Kunde» (SIVinfos September 2015) ging es um diese Tätigkeit, bei der auch heute Professionalität gar nicht immer die Regel ist. Gespannt darf man sein auf die weitere Entwicklung dieser Branche. Heute wird von jüngeren Makler-Firmen mit extrem tiefen Honoraren Werbung gemacht. Wo die traditionellen Anbieter und Platzhirsche für den Verkauf eines 5-Zimmer-Einfamilienhauses bei Verkaufserfolg mit gegen CHF 30 000 Kasse machen wollen, geben Jungspunde vor, bei ihnen koste das nur zwischen CHF 4000 und CHF 12 000. Wenn das so weiter geht, wird es wohl bald Gratisangebote geben, und das könnte dann so rauskommen wie bei den Zeitungen. Dort bezahlte man, seit es Zeitungen gibt und bis vor einigen Jahren, für deren Erhalt und Lesung einen Preis, der für den ganzen Aufwand für eine Zeitung berechtigt schien. Dann kamen die Gratiszeitungen, die den bisherigen Blättern das Wasser, sprich die Inserate und die zahlenden Leser, abgruben. Und heute hat das daraus resultierende, anhaltende, laute Gejammer der Zeitungsfritzen dazu geführt, dass Mutter Helvetia sie an ihrem Subventionsbusen saugen lässt.

Wenn das so weiter geht, wird es bei jüngeren Makler-Firmen bald Gratisangebote geben.

Entgegen der eingangs genannten redaktionellen Einführung für diese Kolumne, wo zu lesen ist, «kompetente Fachleute aus dem SIV-Kompetenzzentrum» würden zu aktuellen oder besonders wichtigen Themen einen kritischen Kommentar verfassen, ist – wohl mangels eben dieser kompetenten Fach­leute – auch diese dreiunddreissigste Folge des Prüfsofas vom immer gleichen einfachen Bewerter verfasst worden. Trotz bescheidenen Entgelts. Er wird nun nächstens einen Sammelband herausgeben, in Leder gebunden, besonders geeignet als Geschenk für abtretende SIV-Vorstandsmitglieder oder Göttikinder, die gerne ­Monopoly spielen (bis Weihnachten noch zum Subskriptionspreis bestellbar. Rabatte für Hedoniker und Makler).

Was quietscht denn da? Das Prüfsofa. Seit fünfzehn Jahren. Extrem unbequem. Stolz sein kann, wer mal drauf lag!

Martin Frei

MSc ETH in Architektur / SIA, MAS ETH in Management, Technology and Economics / BWI, Zürich