«Früher galten Stahl und Öl als das wirtschaftliche Gold. Heute sind es Energie und Daten. Schon dies zeigt, wie wertvoll ein Datencenter ist. Bei uns sind unter anderem Spitäler, Kantone, Versicherungen und Banken eingemietet. Sie besitzen sehr kritische Daten. Darum ist das Rechenzentrum in Gais, das drei Voll­geschosse mit 900 Quadratmetern Platz für Server, Speicher und Netzwerkkomponenten beinhaltet, ein Hochsicherheitstrakt.

Man könnte es auch mit einem Gefängnis vergleichen. Eines, das in umgekehrter Richtung funktioniert – wir sorgen dafür, dass niemand reinkommt. Darum gibt es dickere Türen als anders­wo und einen Haufen elektronischer Schranken. Jede Person, die eintritt, wird re­gis­triert. Wir wollen zu jeder Zeit genau wissen, wer sich in den Räumlichkeiten aufhält. Und wir müssen so abschreckend sein, dass es mögliche Datendiebe auf physischem Weg erst gar nicht probieren. Wenn es aber um Cyberkriminalität geht, treffen unsere Kunden die Sicherheitsvorkehrungen selbst. Wir stellen den Platz und den Strom zur Verfügung. In­­sofern agieren wir wie ein Hotel. Bei uns kann man eine perfekt eingerichtete und gewartete Umgebung mieten.

«Bei uns kann man eine perfekt eingerichtete und gewartete Umgebung mieten.»

Was in unserem Alltag speziell ist: Wir garantieren eine Verfügbarkeit von 99,998 Prozent. Businesstechnisch beschäftigen wir uns aber vor allem mit den 0,002 Prozent, die schieflaufen könnten. Alles ist auf Sicherheit ausgerichtet, obwohl ich privat beim Skifahren oder Biken durchaus risikofreudig bin.

Eine Win-win-Situation

Für die Kühlung haben wir ein besonders energieeffizientes System eingebaut. Wärmetauscher kühlen die Luft, die dann in die Hohlräume zwischen den Stockwerken geblasen wird. Man muss dazu wissen, dass bei uns fast 100 Prozent der verbrauchten elektrischen Energie in Wärme umgewandelt werden. Davon profitiert auch die Nachbarschaft. Der Käser von gegenüber kam aufgrund der Diskussion rund um den Bau auf uns zu: ‹Ihr produziert Wärme? Ich brauche Wärme!› Eine Win-win-Situation: Wir müssen weniger kühlen und es entstehen pro Jahr rund 1800 Tonnen Käsespezialitäten.

Als Unternehmen gehören wir der St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke AG und den St. Galler Stadtwerken. Erstere hat das Rechenzentrum mit einer Investition von 20 Millionen Franken gebaut. Die Immobilie ging bei der Inbetriebnahme 2018 als Eigenkapital an die Rechenzentrum Ostschweiz AG über. Nach weiteren Investitionen liegt die Gesamtinvestitionssumme heute bei 27 Millionen Franken.

Das Rechenzentrum in Gais AR ist auch ein Hochsicherheitstrakt. In dieses Gebäude kommt niemand so einfach hinein.

Was man bei einer Wertermittlung zusätzlich berücksichtigen muss: Es handelt sich hier um einen Zweckbau, der komplett auf den Betrieb eines Datencenters ausgerichtet ist. Die Hohlböden sind nur eine von vielen baulichen Besonderheiten. Wenn dieses Gebäude nicht mehr als Rechenzentrum gebraucht würde, wäre es schwierig, etwas anderes unterzubringen.

Lokale Sicherung macht Sinn

Von unseren rund 100 direkten Kunden sind 60 Prozent IT-Spezialisten. Sie bieten ihren Kunden wiederum verschiedene IT-Dienstleistungen an. Wenn man bedenkt, dass die Ostschweiz zu 95 Prozent aus Klein- und Kleinstgewerbe besteht, heisst das, dass bei uns Daten von mehreren 1000 Firmen liegen.

Die Nähe ist trotz global funktionierender Netzwerke wichtig. Etwa, um schnell eine Harddisk in einem Rack austauschen zu können. Das kommt viel öfter vor, als man denkt. Und doch gibt es Ausnahmen: Wir haben zum Beispiel einen Genfer Kunden, der sein ‹ Disaster Recovery › bei uns aus­lagert. Er will im Falle einer Katastrophe ein Back-up haben, das sich möglichst weit weg von Genf, aber immer noch in der Schweiz befindet.

Die Lage unseres Datencenters auf 920 Meter über Meer ist ein grosser Vorteil, weil uns die Aussentemperatur bei der Kühlung hilft. Das macht viel aus: Pro 100 Höhenmeter kann die Temperatur 6 Prozent energieeffizienter reguliert werden. Es ist zudem wichtig, dass ein Datencenter an einem sicheren Ort steht. Die Verlängerung einer Abflugpiste oder ein Ort, der von Lawinen, Erdbeben oder Überschwemmungen heimgesucht werden könnte, wären keine gute Wahl.

Wir haben schon viele Kaufangebote erhalten, bis jetzt haben wir alle ausgeschlagen. Denn jetzt, nach gut sechs Jahren Betrieb, sind die wichtigsten Investitionen getätigt und das Geschäft läuft. Da müsste jemand schon einen absolut fantastischen Preis bieten. Denn der Wert wird in unserer Branche über den ­Business-Case berechnet, nicht über den Wert des Gebäudes. Es zählt das Komplettpaket.»

Zur Person
Christoph Baumgärtner blickt auf eine 28-jährige Berufskarriere in der Welt der Daten und im Bereich des Netzwerkdesigns zurück. Nach 20 Jahren in der Telekommunika­tionsbranche übernahm er ab 2016 die Projektleitung beim Bau des ­Rechenzentrums in Gais AR. Seit der Fertigstellung fungiert er als CEO der Rechenzentrum Ostschweiz AG.