STEPHAN NAEF

Senior Kundenberater Finanzen und Mitglied des Führungskaders
acrevis Bank AG, St. Gallen

«In den letzten Jahren zeigte der Schweizer Immobilienmarkt eine sehr dynamische Entwicklung, die ­punktuell jedoch zu Preisübertreibungen führte. Um beim (Ver-)Kauf einer Immobilie die Situation besser abschätzen zu können und Unsicherheiten zu reduzieren, lohnt es sich, einen professionellen Schätzer hinzuzuziehen. Dieser kann im besten Fall einen echten Mehrwert generieren. Ein professioneller Bewerter bildet seine Meinung unabhängig von externen Einflüssen. So entsprechen seine Schätzwerte dem Markt und werden nicht durch externe Einflüsse verzerrt. Grundvoraussetzungen für eine gute Bewertung sind langjährige regionale Marktkenntnisse, Unabhängigkeit und stetige Weiterbildung. Bei den lokalen Marktverhältnissen geht es nicht nur darum, sie zu kennen, sondern vielmehr auch darum, sie auf das jeweilige Objekt – sei es Industrieobjekt, klassisches Mehrfamilienhaus oder komplexe Gebäude­struktur mit Entwicklungspotenzial – zu übertragen. Essenziell ist, punkto Know-how immer auf dem aktuellen Stand zu sein. Grundlage dafür bildet die tägliche Auseinandersetzung mit dem Immobilienmarkt und den lokalen Gegebenheiten sowie das Netzwerk. Hier gilt: je grösser, desto besser. Nicht zuletzt gilt es, auch der Digitalisierung genügend Aufmerksamkeit zu schenken. Die Mehrwerte, die sich durch den digitalen Fortschritt ergeben, sollen auch bei Bewertungen gezielt genutzt werden. BIM ist ein Beispiel.»

THOMI JOURDAN

Geschäftsführer Trimag Treuhand-Immobilien AG, Basel

«Der Bewerter übernimmt bei diversen Fragestellungen im Immobilienbereich eine zentrale Rolle. Neben der eigentlichen Wertermittlung von bestehenden Immobilien unterstützt er Grundeigentümer, Investoren und Entwickler beispielsweise auch bei Potenzialabrechnungen von Neubauprojekten, der Bewertung von Immobilienportfolios oder dem Eruieren von Wertelementen bei nachbarschaftsrechtlichen Fragestellungen. Bei der Bewertung handelt es sich um eine eigenständige Disziplin, die oft Teil einer umfassenden Beratungsdienstleistung ist. Wer gut sein will, braucht entsprechend Methodenkompetenz, interdisziplinäre Fachkompetenz und Erfahrung. Im Weiteren ist eine fundierte Auseinandersetzung mit dem zu bewertenden Objekt und dem Umfeld genauso unabdingbar, wie die Bereitschaft, in Szenarien zu denken und interdisziplinäres Know-how in die eigene Einschätzung zu integrieren. Hinzu kommen hundertprozentige Transparenz, Unabhängigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Bewerters als Basis der Zusammenarbeit. Im Hinblick auf die Gewährleistung von Qualitätsstandards nehmen die Verbände eine immer wichtigere Funktion ein. In ­einer Zeit, in der Informationen überall verfügbar und hedonische Bewertungsangebote als beliebte Alternative angesehen werden, ist es enorm wichtig, die klassische Immobilienbewertung als qualitativ hochwertiges Produkt mit klar definiertem Zusatznutzen zu positionieren. Entsprechend gilt es, als Bewerter mit breiten Marktkennnissen, Know-how und ­einem interdisziplinären Netzwerk zu überzeugen. Elementar ist ausserdem ein persönlicher Kundenkontakt auf Augenhöhe: umfassend, verständlich, nachvollziehbar. Schliesslich soll dieser sofort merken, dass er in besten Händen ist.» 

JAN BÄRTHEL

Partner, Geschäftsleitungsmitglied, Head of Valuation Wüest Partner AG, Zürich

«Mit der gestiegenen Professionalität im Immobiliensektor und den wachsenden Anforderungen seitens ­FINMA, SNB oder SFAMA hat die Bedeutung der Immobilienbewertung zugenommen. Welche Rolle der Bewerter einnimmt, hängt vom jeweiligen Auftrag ab. Je nachdem, welche Bedürfnisse dominieren, unterscheidet sich auch die Arbeit des Bewerters. Selten ist es nur der ermittelte Marktwert, der re­levant ist. Weitere Kennzahlen sind für den Auftraggeber von Interesse, etwa Marktmieten und Einschätzungen ­zukünftiger Instandsetzungskosten. Immobilienbewertungen generieren zudem Daten für ein Management-Infor­mations-System und dienen zur Beurteilung verschiedener Szenarien (Stichwort Risikomanagement) oder zur Messung der Performance. Ein guter Bewerter ist für mich in den meisten Fällen ein Generalist mit einem breiten technischen, ökonomischen und rechtlichen Fachwissen sowie lokalen Marktkenntnissen und einem guten Gespür. Weiter vermag er sich in die Rolle des Eigentümers hineinzuversetzen, um für die Bewertung ein realistisches und wirtschaftlich sinnvolles Bewirtschaftungsszenario annehmen zu können. Für potenzielle Auftrag­geber sind Unabhängigkeit, Kompetenz beim Umgang mit verschiedenen Bewertungsmethoden, personelle Ressourcen sowie die Sicherstellung der wichtigen Weiterbildung entscheidend. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, sich rund um die fortschreitende Digitalisierung und – damit verbunden – die zunehmende Bedeutung von Big Data zu rüsten. Wir bei Wüest Partner tun das etwa, indem wir weitere relevante Daten erfassen sowie durch Neu- und Weiterentwicklung von Applikationen, mit denen die Daten verständlich ­visualisiert und intuitiv analysiert werden können.»

Das Gespür für den Markt ist neben Fach- und Selbstkompetenz matchentscheidend.

Dr. GERHARD ROESCH

SVKG-Präsident, Leiter Sektion Grundstückschätzung ­Kanton Aargau 

«Mit der zunehmenden Komplexität von Bewertungsaufgaben und voranschreitender Digitalisierung hat sich das Berufsbild und damit die Rolle der Immobilienbewerterin/des Immobilienbewerters verändert. Die Bewertungsfachleute müssen sich heute stärker mit den Technologien beschäftigen, die hinter den Analysemethoden und Bewertungs-Tools stecken. Ausserdem verlangen immer mehr Auftraggeber nach einem Komplettservice, eine umfassende Immobilienberatung auch in Sachen Finanzierung, Steuern und Recht und zu Nachhaltigkeitsfragen. Die Immobilienbewertung fordert damit immer mehr beide Kompetenzen: Fachqualitäten und Beraterfähigkeiten. Eine gute Bewerterin oder ein guter Bewerter sollte nebst seiner Fach- und Selbstkompetenz ein gutes Marktgespür haben, mit nicht rationalisierbaren Faktoren umgehen, über den Tellerrand blicken sowie neue Ideen, Veränderungen und die eigenen Grundsätze, Taktiken und Strategien positiv-kritisch betrachten können. Auftraggeber müssen sich zu 100 Prozent auf die Fähigkeiten des Bewerters und seine unparteiische, unabhängige Arbeit verlassen können. Bei der Zusammenarbeit helfen Flexibilität und gute Kommunikationsfähigkeiten, damit die Informationen verständlich, nachprüfbar und nachvollziehbar ankommen. In Bezug auf die Weiterbildung empfehle ich, gegenüber neuen Anforderungen neugierig und offen zu sein, regelmässig Fachtagungen zu besuchen, geeignete Literatur zu konsumieren und die Plattform-Angebote der Verbände zu nutzen. Wenn ich an die Zukunft denke, gilt es, zwei Aspekten besondere Beachtung zu schenken: zum einen der Frage, wie Nachhaltigkeit und Energie­effizienz ­einer Immobilie in der Bewertung berücksichtigt werden können und wie Bewerter zu verlässlichen Daten kommen, zum anderen der Digitalisierung und Automatisierung. Künftig wird es noch wichtiger, zwischen Individual- und Massengeschäft zu unterscheiden. Es gilt, Daten nicht einfach zu nutzen, sondern deren Qualität richtig einzuschätzen, die Herkunft zu hinterfragen und stichprobenartig zu überprüfen.»